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Living Library - Menschen für ein Gespräch ausleihen

Diverses

Gesprächs- & Begegnungsformat. Präsentiert von Sozialamt Zug & Bibliothek Zug. Weitere Gesprächsrunden um 14:10, 14:50 & 15:30 Uhr

Lebensgeschichten einer Konvertitin, eines Rroma, eines trockenen Alkoholikers und von zwei Flüchtlingen aus Eritrea und aus dem Kongo. Für einmal stehen sie nicht zwischen zwei Buchdeckeln, sondern werden von Mensch zu Mensch erzählt. Auch spontane Gespräche am Anlass sind möglich. Ein Projekt des Kantonalen Sozialamtes und der Bibliothek Zug.

 

Alex, 55, trockener Alkoholiker 

«Ich war 14 als ich mit weissem Martini begann. Mit Freunden abhängen, trinken, nach der Schule etwas trinken, das gehörte einfach dazu. Ich machte die Lehre zum Konditor, hatte Jobs, Beziehungen. Alkoholiker sind willensschwache, charakterlose Typen, heisst es. Ich ein Alkoholiker? Niemals! Ich merkte nicht, dass ich schleichend abhängig wurde. Ich trank oft vier Flaschen Wein täglich. Mit 33 meldete ich mich bei den Anonymen Alkoholikern. Seit 22 Jahren bin ich trocken. Es braucht einen starken Willen, Ehrlichkeit sich selbst gegenüber und Offenheit, einen neuen Weg zu gehen. Das gelingt mir. Ich bin Schulsozialarbeiter, verheiratet, zwei Töchter und erzähle gerne über meine Sucht, wenn es hilft, andere davon abzuhalten. An die Droge Alkohol kommt jeder, immer und überall.»

 

Marion, 42, Konvertitin

«Die ist bestimmt radikal, die wird von ihrem Mann unterdrückt. Nein - und nein. Viele sehen nur mein Kopftuch und nicht den Menschen. Mein Mann ist Iraker. Ich Luzernerin. Er wünschte sich, dass unsere Kinder Muslime würden, da begann ich mich in den Koran einzulesen. Bald war mir der Koran vertrauter als die Bibel. Es war mein Entscheid, zu konvertieren. Auch das Kopftuch zu tragen, ist allein mein Entscheid. Ich ahnte nicht, was das für Konsequenzen hat: meinen Job als Drogistin konnte ich vergessen, auf der Strasse wird getuschelt, bei Behörden nach meiner Aufenthaltsbewilligung gefragt. Das Ausmass der Ablehnung hat mich erschreckt.»

 

Reagan, 30, Flüchtling aus dem Kongo

«Ich war 16 als ich in der Schweiz ankam. Ich floh allein aus dem Kongo. Nach dem Aufenthalt im Asylzentrum kam ich zu einer Pflegefamilie. Das ist seither meine Familie. Ich hatte Glück. Nach all dem Erlebten, der Anstrengung der Flucht, dem Kulturschock, einer neuen Sprache, fand ich als Teenager ein Zuhause. Ich bin Pfleger in einem Pflegeheim. Sicher gibt es Menschen, die sich an meiner Hautfarbe stören. Ich aber störe mich nicht daran. Das ist das Wichtigste.»

 

Stephane, 60, Rroma

«Eigentlich bin ich Finanzspezialist. Mathematiker und Physiker. Erzähle ich von meinen Wurzeln und meiner Tätigkeit als Direktor der Rroma Foundation in Zürich, dauert es nicht lange und ich werde gefragt, ob ich lesen und schreiben könne, ob ich im Wohnwagen lebe und gerne tanze. Auch fassen sich die Menschen nach dem Gespräch ans Gesäss und prüfen, ob ihre Brieftasche noch da ist. Spassig ist das nicht, sondern allgegenwärtiger Antiziganismus. Hunderte Rromas leben in der Schweiz, integriert und in besten beruflichen Positionen. Aus Scham vor beruflichen und sozialen Repressionen verleugnen viele ihre Wurzeln. Offenbar ist das im 21. Jahrhundert noch nötig. Darum müssen wir darüber reden.» 

 

Tekle, 24, Flüchtling aus Eritrea

«Ich bin in der Ausbildung zum Sanitär. Bei der Arbeit ist meine Hautfarbe kein Thema. Viele sind eher erstaunt, dass einer aus Eritrea so gut arbeitet. Abschätzig schaut man mich an, wenn ich mit meinen Freunden in der Stadt unterwegs bin oder Fussball spiele. Meine Freunde aus Eritrea sind mein Familienersatz. Ich floh im Alter von 15 und habe meine Eltern seither nicht mehr gesehen. Ich wollte lieber auf der Flucht sterben, als im eigenen Land lebendig begraben zu sein. Die Flucht führte durch die Wüste, Gefängnis im Sudan, von Libyen über das Mittelmeer. Was ich bisher im Leben erlebt habe, passt in mehrere Bücher.»

 

 

Reservation der gewünschten Person und Gesprächszeit: bibliothek@stadtzug.ch

 

 

Eintrittspreis

Teilnahme kostenlos.

Veranstalter*innen

Bibliothek Zug


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